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Tabakproduktegesetz: richtige Antwort auf eine überzogene Volksinitiative

Tragfähige Lösungen entstehen durch das Schmieden von Kompromissen. Das Tabakproduktegesetz ist hierfür ein Musterbeispiel. Der berechtigte Jugendschutz wird gesetzlich ausgedehnt, ohne die Wirtschaftsfreiheit ganz auszuhöhlen. Das Begehren der Initianten der Volksinitiative, Kinder und Jugendliche vor Tabakwerbung zu schützen, wurde ernst genommen und in ein griffiges Gesetz gepackt, ohne in Extremismus zu verfallen und zu überdrehen. Deshalb: Ja zum Tabakproduktegesetz, Nein zur Volksinitiative.

Was lange währt, wird endlich gut

Die Arbeiten zum Bundesgesetz über Tabakprodukte und elektronische Zigaretten (TabPG) begannen bereits im Jahr 2015. Ein wirtschaftsfeindlicher erster Entwurf des Bundesrates wurde vom Parlament zur Verbesserung an den Absender zurückgeschickt. Werbeverbote und andere Einschränkungen gingen zu weit. Ein neuer Entwurf des Bundesrates steckt seit dem Jahr 2019 in der parlamentarischen Beratung. Nach Eliminierung sämtlicher Differenzen zwischen den eidgenössischen Räten kommt das TabPG am 1. Oktober in die Schlussabstimmung.

Die Beratungen waren herausfordernd. Einerseits sollte der berechtigte Jugendschutz gesetzlich ausgedehnt werden. Andererseits galt es die bewährten Grundsätze der liberalen schweizerischen Wirtschaftsordnung und damit die Wirtschaftsfreiheit nicht komplett auszuhöhlen. Das nun vorliegende Tabakproduktegesetz schafft diesen Spagat.

Deshalb ist es wichtig und richtig dem Tabakproduktegesetz in der Schlussabstimmung zuzustimmen. Die Sprecherin der SP-Fraktion kündigte im Nationalrat bereits an, das Gesetz abzulehnen. Dies weil die Maximalforderungen der SP nicht Eingang ins TabPG fanden. Ob auch die Grünen und die Grünliberalen gleich entscheiden, kann zumindest nicht ausgeschlossen werden. Um nach einer sechsjährigen Beratungszeit nicht einen Scherbenhaufen zu riskieren, ist eine geschlossene Annahme des Gesetzes durch die bürgerlichen Parteien notwendig. Ansonsten bringt eine unheilige Allianz das TabPG zum Absturz.

Der Kompromiss gehört zur DNA der Schweiz

Um im schweizerischen Parlament bei beiden Räten eine Mehrheit zu erreichen, braucht es die Unterstützung von mindestens drei Parteien. Deshalb ist die Kompromisskultur zentral für die Schweiz. Tragfähige Lösungen entstehen durch das Schmieden von politischen Kompromissen. Verharren die Parteien auf ihren Maximalpositionen, gibt es keine Mehrheit. Die Folge davon ist Stillstand. Gefragt sind aber Schulterschlüsse über die politischen Grenzen hinweg. Konkret heisst dies, einem Gesetz zustimmen, auch wenn bei einzelnen Punkten eine Kröte geschluckt werden muss. Das TabPG ist ein Musterbeispiel für einen solch tragbaren Kompromiss.

Erstmals gilt in der ganzen Schweiz eine einheitliche Altersgrenze für den Verkauf / die Abgabe von Tabakprodukten. An unter 18-Jährige ist dies verboten. Zudem wurden neue Einschränkungen für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring von Tabakprodukten erlassen. So ist neu Tabakwerbung auf Plakaten, in Kinos, in öffentlichen Verkehrsmitteln und Gebäuden sowie auf Sportplätzen verboten. Sponsoring ist verboten für Veranstaltungen in der Schweiz, wenn diese internationalen Charakter haben oder auf ein minderjähriges Publikum abzielen. Verkaufsförderung an Minderjährige und die Abgabe von Werbegegenständen an diese ist ebenfalls verboten. Wenn all diese Massnahmen keinen wirksamen und zielgerichteten Jugendschutz darstellen, was dann?

Aber auch wirtschaftsfreundliche Kreise gehen nicht leer aus. Der Grundsatz, wonach legale Produkte beworben werden dürfen, bleibt gewahrt. Tabakwerbung in der Presse und im Internet ist für erwachsene Konsumentinnen und Konsumenten weiterhin zulässig. Die Meldung der jährlichen Höhe der Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring für Tabakprodukte oder elektronische Zigaretten an das BAG ist vom Tisch. Ebenso können erwachsene Rauchende weiterhin ihre Menthol-Zigaretten konsumieren. Somit stellt das TabPG – auch im internationalen Vergleich gesehen – für die Wirtschaft einen tragbaren Kompromiss dar.

Ja zum Tabakproduktegesetz, Nein zur Volksinitiative

Abstimmungsreif ist ebenfalls die Volksinitiative „Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung“. Die Initiative will jede Art von Werbung für Tabakprodukte und neue Alternativprodukte komplett verbieten, wenn sie Kinder und Jugendliche in irgendeiner Form erreichen kann. Die Folge wäre ein totales Werbe-, Verkaufsförderungs- und Sponsoringverbot. Die Initiative würde somit auch Werbemassnahmen verbieten, die sich an erwachsene Konsumentinnen und Konsumenten richten. Und dies nota bene für Produkte, die weiterhin legal hergestellt und an Erwachsene verkauft werden können. Deshalb lehnen Bundesrat, Nationalrat und Ständerat diese überzogene Volksinitiative mit guten Gründen ab.

Das TabPG wird der Volksinitiative als indirekter Gegenvorschlag gegenübergestellt. Laut den Verlautbarungen der Initianten wollen diese ihre Volksinitiative zur Abstimmung bringen. Trotz weitgehenden Verboten und Einschränkungen von Werbe-, Verkaufsförderung- und Sponsoringmöglichkeiten im TabPG halten sie an ihrer Maximalforderung fest. Dies grenzt an Zwängerei.

Volksinitiativen sind oft überzeichnet. Damit soll der Gesetzgeber dazu bewogen werden, sich berechtigten Anliegen anzunehmen und adäquate Lösungen auszuarbeiten. Genau dieser Vorgang ist mit dem TabPG erfolgt. Das Begehren der Initianten, Kinder und Jugendliche vor Tabakwerbung zu schützen, wurde ernst genommen und in ein griffiges Gesetz gepackt, ohne in Extremismus zu verfallen und zu überdrehen. Das Resultat: Ein gut schweizerischer tragfähiger Kompromiss.

Deshalb lautet die Empfehlung für die Schlussabstimmungen: Ja zum Tabakproduktegesetz, Nein zur Volksinitiative Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung.

Weiterführende Informationen:

15.075 Bundesgesetz über Tabakprodukte

Botschaft / Bericht des Bundesrates zur Volksinitiative “Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung”



Martin Kuonen,
Direktor Centre Patronal Deutschschweiz

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