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Renteninitiative: Unverständlicher Salto rückwärts

Bild zeigt ein Rentner-Paar vor der Bergkulisse des Bietschhorns, Wallis. Renteninitiative: Unverständlicher Salto rückwärts. Die Renteninitiative hat trotz ihrer Mängel den Vorzug, dass sie einen Mechanismus zur Schuldenbremse der AHV vorsieht, der das Verhältnis zwischen der Dauer des Erwerbsleben und der Dauer des Ruhestands berücksichtigt. Die Forderung nach einem Gegenentwurf, die am 5. Juni vom Nationalrat unterstützt wurde, war daher vollkommen gerechtfertigt, und die Kehrtwende der mit dieser Aufgabe betrauten Kommissionsmitglieder ist unverständlich.

Renteninitiative: Unverständlicher Salto rückwärts. Die Renteninitiative hat trotz ihrer Mängel den Vorzug, dass sie einen Mechanismus zur Schuldenbremse der AHV vorsieht, der das Verhältnis zwischen der Dauer des Erwerbsleben und der Dauer des Ruhestands berücksichtigt. Die Forderung nach einem Gegenentwurf, die am 5. Juni vom Nationalrat unterstützt wurde, war daher vollkommen gerechtfertigt, und die Kehrtwende der mit dieser Aufgabe betrauten Kommissionsmitglieder ist unverständlich.

Eine Initiative, die wertvolle Denkanstösse liefert

Zu Beginn der Woche sorgte die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) für eine riesige Überraschung – und zugegebenermassen auch für eine riesige Enttäuschung – als sie ankündigte sich zu weigern, den ihr einige Tage zuvor erteilten Auftrag zu erfüllen, einen Gegenentwurf zur Renteninitiative auszuarbeiten. Ein kurzer Moment der Diskussion schien den Kommissionsmitgliedern gereicht zu haben um zu entscheiden, dass die Aufgabe zu schwierig und die Fristen zu kurz seien. Es muss also abgewartet werden, bis die notwendigen Überlegungen zu einer nachhaltigen Rentenfinanzierung von anderen Parlamentarierinnen und Parlamentariern in Angriff genommen werden.

Zur Erinnerung: Die Renteninitiative – „Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge“ – wurde im Juli 2021 von den Jungfreisinnigen Schweiz eingereicht. Darin wird zum einen gefordert, ab sofort eine schrittweise Anhebung des gesetzlichen Rentenalters auf 66 Jahre vorzunehmen, und zum anderen eine mathematische Verknüpfung zwischen dem gesetzlichen Rentenalter und der Entwicklung der durchschnittlichen Lebenserwartung der Bevölkerung einzuführen. Mit anderen Worten: Das gesetzliche Rentenalter soll (zumindest teilweise) „entpolitisiert“ werden, indem ein Mechanismus der automatischen Anpassung an die versicherungsmathematischen Statistiken eingeführt wird.

Diese Forderung ist sachlogisch begründet, aber politisch unrealistisch – insbesondere nach dem äusserst knappen Erfolg der Reform AHV 21, die allerdings weit weniger ehrgeizig war. Sie ist auch sozial fragwürdig, da sie keine Rücksicht auf Personengruppen nimmt, die anstrengende Berufe ausüben oder sehr früh mit der Beitragszahlung begonnen haben.

Trotz dieser Mängel liefert die Renteninitiative wertvolle Denkanstösse. Sie führt uns insbesondere vor Augen, dass die Reform AHV 21 nur eine Atempause von etwa einem Jahrzehnt bietet, dass die erste Säule der Altersvorsorge danach wieder in die roten Zahlen abrutschen wird und dass es daher wichtig ist, ein längerfristig finanzierbares System zu konzipieren.

Ein entscheidender Faktor: die Lebenserwartung 

Das Parlament ist sich dessen bewusst und hat vor zwei Jahren im Nationalrat eine Motion eingereicht, die den Bundesrat beauftragt, bis Ende 2026 eine Vorlage zur Stabilisierung der AHV für das nächste Jahrzehnt auszuarbeiten. Die Renteninitiative geht jedoch noch weiter und bietet einen konkreten Denkanstoss, indem sie auf den Hauptfaktor des Ungleichgewichts hinweist: die steigende Lebenserwartung.

Als die AHV 1948 in Kraft trat, konnte ein Mann, der mit 65 Jahren in Rente ging, noch 12 Jahre und eine Frau 13 Jahre leben. Wenn man heute im gleichen Alter in Rente geht, beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung für einen Mann etwas mehr als zwanzig Jahre und für eine Frau dreiundzwanzig Jahre. Wenn alles so weitergeht wie bisher, wird die durchschnittliche Dauer des Ruhestands im Jahr 2050 genau doppelt so lang sein wie vor 75 Jahren, während die Dauer des Erwerbslebens tendenziell abnimmt. Das kann man begrüssen, aber man darf die damit verbundenen Finanzierungsschwierigkeiten nicht ignorieren.

Das Verdienst der Renteninitiative besteht also darin, einen Mechanismus zur Schuldenbremse der AHV ins Auge zu fassen, der das Verhältnis zwischen der Dauer des Erwerbslebens und der Dauer des Ruhestands berücksichtigt.

„Im Jahr 2050 wird die durchschnittliche Dauer des Ruhestands doppelt so lang sein wie bei der Errichtung der AHV, während der Eintritt in das Berufsleben tendenziell hinausgeschoben wird.“

Früher oder später müssen die Weichen neu gestellt werden

Diese Überlegungen veranlassten einen Teil der Politik und der Wirtschaft dazu, einen Gegenentwurf zu dieser Initiative zu fordern, in dem zumindest der Grundsatz eines auf objektiven Kriterien beruhenden Anpassungsmechanismus aufgenommen werden sollte. Am 5. Juni unterstützte der Nationalrat nach langem Zögern schliesslich diese Forderung. Heute wird der Auftrag, einen Gegenentwurf auszuarbeiten, böswillig oder aus wahltaktischem Kalkül für unzulässig erklärt. Damit ist eine Chance vertan.

Früher oder später muss das Werk erneut in Angriff genommen werden, mit denselben Grunddaten und mit derselben Notwendigkeit einer langfristigen Vision und einer nachhaltigen Finanzierung der Renten. Seit mehreren Jahren unterbreitet Centre Patronal zielführende Vorschläge sowohl für die erste als auch für die zweite Säule; diese Vorschläge beinhalten versicherungsmathematische Überlegungen, um sich an die steigende Lebenserwartung anzupassen, aber auch soziale und politische Überlegungen, indem sie sich auf verschiedene Finanzierungsquellen stützen und sich vor allem auf die Anzahl der Beitragsjahre beziehen, anstatt auf ein festes gesetzliches Rentenalter. Mehr denn je sind wir offen für jede Form der Zusammenarbeit mit Parlamentarierinnen und Parlamentariern, die sich ihrer Verantwortung in diesem Bereich bewusst sind.

Weiterführende Informationen zum Artikel “Renteninitiative: Unverständlicher Salto rückwärts”

Der Vorschlag von Centre Patronal: Für eine nachhaltige, moderne und soziale Reform der Altersvorsorge.

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Pierre-Gabriel Bieri,
Responsable politique institutions et sécurité

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