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AHV-Finanzierung: Bei der grossen Reform den Turbo zünden, nicht bei der 13. AHV-Rente

AHV-Finanzierung: Bei der grossen Reform den Turbo zünden, nicht bei der 13. AHV-Rente. Im Bild zum Artikel von Centre Patronal wird ein Miniatur-Paar auf einer Säule aus Münzen gezeigt.

AHV-Finanzierung: Bei der grossen Reform den Turbo zünden, nicht bei der 13. AHV-Rente. Nicht die Finanzierung der 13. AHV-Rente ist der grosse Brocken, sondern die nachhaltige, moderne und soziale Reform der AHV und deren Finanzierung. Hierfür ist ein ausgewogenes Gesamtpaket zu schnüren, an welches alle beizutragen haben. Einnahmeseitig gehört die Kombination von Mehrwertsteuererhöhung und zusätzlichen Lohnbeiträgen dazu. Ausgabenseitig braucht es einen Systemwechsel beim Rentenalter. Anstatt eines starren Rücktrittsalters ist neu auf geleistete Beitragsjahre abzustellen. In der Zwischenzeit können die benötigten Finanzen für die 13. AHV-Rente dem AHV-Fonds entnommen werden.

Kein unmittelbarer Handlungsdruck aufgrund der Abstimmung

Nach der Abstimmung über die 13. AHV-Rente ist die Faktenlage klar. Spätestens ab 2026 sind zusätzliche Ausgaben von 4,2 Milliarden Franken zu bezahlen. Eine Umsetzung auf Gesetzesstufe braucht es dafür nicht. Denn laut Einschätzung vom Bundesamt für Justiz ist die entsprechende Verfassungsbestimmung direkt anwendbar, da genügend bestimmt und klar formuliert. Weil somit die 13. AHV-Rente ab Anfang 2026 so oder so fliessen wird, ist man gesetzgeberisch nicht unter unmittelbarem Handlungsdruck. Dies entspricht auch der Lesart der Initianten. Im Abstimmungskampf behaupteten sie stets, die AHV habe genügend Geld.

Dies ist aber ganz und gar nicht die Sichtweise des Bundesrats. Er will die 13. AHV-Rente von Beginn der ersten Auszahlung an vollständig ausfinanziert sehen. An seiner Sitzung vom 27. März 2024 hat er Eckwerte beschlossen, die zu diesem Ziel führen sollen. Um seinen (über)ambitionierten Fahrplan einhalten zu können, zündet er den Turbo. Bis im Sommer 2024 soll eine Vernehmlassungsvorlage vorliegen. Im Herbst 2024 soll dann die Botschaft ans Parlament folgen. Wie sehen die Eckwerte des Bundesrats aus?

Der Bundesrat macht es sich zu leicht

Plakativ ausgedrückt kann man sagen, dass sich der Bund das zusätzliche Geld für die Ausfinanzierung der 13. AHV-Rente bei den üblichen Verdächtigen holen will, sich selbst aber vornehm in Zurückhaltung übt und die heisse Kartoffel weiterreicht.

Für die Finanzierung der 13. AHV-Rente unterbreitet der Bundesrat zwei Varianten. Die erste Variante sieht die Finanzierung ausschliesslich über eine Erhöhung der Lohnbeiträge vor. Hierzu braucht es eine satte Erhöhung von 0,8 %. Die zweite Variante sieht eine kombinierte Erhöhung von Lohnbeiträgen und Mehrwertsteuer vor. Die Lohnbeiträge würden immer noch um stolze 0,5 % ansteigen und die Mehrwertsteuer müsste um 0,4 % angehoben werden. Was der Bundesrat hingegen nicht als Variante vorgeschlagen hat, ist die ausschliessliche Finanzierung über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Gerechnet werden müsste bei diesem Modell mit einer Erhöhung von ca. 1,1 %.

Heute finanziert der Bund die Kosten der AHV fix mit einem Anteil von 20,2 %. Um das Budget des Bundes durch die Einführung der 13. AHV-Rente nicht zusätzlich zu belasten, schlägt der Bundesrat vor, den Bundesanteil ab 2026 bis zum Inkrafttreten der nächsten Reform auf 18,7% zu senken. Als Ersatzmassnahme werden auch hier zwei Varianten vorgeschlagen: Erstens die Entnahme dieser Mittel aus dem AHV-Fonds und zweitens die Generierung zusätzlicher Einnahmen, sei dies ein weiteres Mal durch die Erhöhung der Lohnbeiträge (0,2%), sei dies über eine kombinierte Erhöhung von Lohnbeiträgen (0,1%) und Mehrwertsteuer (0,2 %).

Die Politik gibt zu Recht Gegensteuer

Die zuständige Kommission des Nationalrats hat nun den Bundesrat zu Recht zurückgepfiffen. Sie will keine separate, einseitige Finanzierungsvorlage für die 13. AHV-Rente. «Um einen umfassenden und ausgereiften Ansatz sicherzustellen, mit dem die AHV und deren Finanzierung für das nächste Jahrzehnt gesichert werden kann», soll die Finanzierung der 13. AHV-Rente erst im Rahmen der nächsten grossen AHV-Reform festgelegt werden. Ebenfalls zu Recht spricht sich die Kommission gegen die Senkung des Bundesbeitrags an die AHV aus.

Für die nächste AHV-Reform sitzt der Bundesrat bereits im driving seat. Aufgrund einer Motion muss er dem Parlament bis am 31. Dezember 2026 eine Vorlage zur Stabilisierung der AHV für die Zeit von 2030 bis 2040 unterbreiten. Anstatt bei der Finanzierung der 13. AHV-Rente isoliert im Schnellverfahren ein weiteres Mal die Lohnkosten und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stark zu beinträchtigen und die Kaufkraft der Bevölkerung mit zusätzlichen Mehrwertsteuererhöhungen zu schwächen, würde der Bundesrat besser den Turbo für die nächste AHV-Reform zünden, um die Reform der AHV und deren Finanzierung ganzheitlich zukunftstauglich zu machen. Auch wenn die Frist für die Unterbreitung der AHV-Reform Ende 2026 endet, spricht nichts dagegen, dem Parlament bereits 2025 eine Vorlage zu unterbreiten. Denn die Stellschrauben, an denen gedreht werden kann, sind bekannt und werden sich auch nicht ändern: Erstens höhere Einnahmen, zweitens tiefere Ausgaben und drittens längeres Arbeiten.

Nach Centre Patronal müsste die nächste AHV-Reform ein Gesamtpaket sein, welches nachhaltig, modern und sozial ist. Dazu gehören einnahmeseitig eine Kombination von Mehrwertsteuererhöhung und zusätzlichen Lohnbeiträgen. Ausgabenseitig hat ein Paradigmenwechsel zu erfolgen. Massgebend soll nicht mehr ein starres Rentenalter sein, sondern die Anzahl geleisteter Beitragsjahre und somit ein Art Lebensarbeitszeit

Bis die AHV-Reform aufgegleist ist, können die benötigten Finanzen für die 13. AHV-Rente dem AHV-Fonds entnommen werden. Der Beweis, dass dies ein gangbarer Weg ist, liefert der Bundesrat selbst. Er schlägt für die befristete Reduzierung seines AHV-Anteils als Variante vor, die dafür notwendigen Mittel den AHV-Fonds zu entnehmen. Bis 2030 sollte der AHV-Fonds aufgrund der angenommenen AHV 21 noch Überschüsse aufweisen.

Weiterführende Informationen zur AHV-Finanzierung: Bei der grossen Reform den Turbo zünden, nicht bei der 13. AHV-Rente:



Martin Kuonen,
Direktor Centre Patronal Deutschschweiz

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