- Parlament, Politik, Wirtschaft - Pierre-Gabriel Bieri
9. Februar: NEIN zur Zwängerei

9. Februar: NEIN zur Zwängerei. Die Initiative verlangt, dass die Schweiz ihre „planetaren Grenzen“ respektiert. In konkreten Zahlen ausgedrückt: Wir müssten unseren Konsum um mehr als 60% reduzieren. Die Initiative negiert die Suche nach dem „Besseren“ und hält an der Ideologie des „Weniger“ fest. Wirtschaft und Bevölkerung brauchen nicht Utopien, sondern Sicherheit, Planbarkeit und Fortschritt.
Radikalität verlangt klare Ablehnung
Volk und Stände stimmen am 9. Februar über die Volksinitiative „Für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen (Umweltverantwortungsinitiative)“ ab. Allgemein herrscht der Eindruck vor, dass diese extreme Initiative keine grossen Chancen für eine Annahme besitzt. Es wäre allerdings töricht, die radikalen Forderungen der Initiative zu unterschätzen, zumal sie durch ihre irreführenden Formulierungen durchaus ein gewisses Verführungspotenzial besitzen.
Der Text der Initiative besteht aus zwei Teilen. Der erste verlangt, dass in der Verfassung sehr allgemeine Grundsätze wie folgt verankert werden: „Die Natur und ihre Erneuerungsfähigkeit bilden den Rahmen für die schweizerische Gesamtwirtschaft. Wirtschaftliche Tätigkeiten dürfen nur so viele Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen, dass die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben“. Der zweite Teil, die Übergangsbestimmungen, beinhaltet eine deutlich präzisere Forderung: Spätestens zehn Jahre nach der Abstimmung muss sichergestellt werden, dass „die durch den Konsum in der Schweiz verursachte Umweltbelastung … die planetaren Grenzen gemessen am Bevölkerungsanteil der Schweiz nicht mehr überschreitet“. Hinter dem Begriff der „planetaren Grenzen“, der vor etwa 15 Jahren von einer Forschergruppe definiert wurde, verbirgt sich eine bezifferbare Forderung: Die Schweizer Bevölkerung soll ihren Gesamtkonsum innerhalb von zehn Jahren um mehr als 60% senken!
Ziel extrem, Weg unbekannt
Wie so oft bei solch radikalen Forderungen liefern die Initianten keinerlei Rezepte oder Methoden, wie das Ziel erreicht werden soll. Der Bundesrat ist – verständlicherweise – der Ansicht, dass neue Vorschriften und Verbote erforderlich wären, die sich auf unseren Lebensstil und das Preisniveau auswirken würden. Das Angebot an Produkten und Dienstleistungen müsste eingeschränkt werden, vor allem in Bereichen wie Ernährung, Wohnen und Mobilität. Aber wie würden die notwendigen Anstrengungen zwischen den Bevölkerungsschichten, den Regionen und den Wirtschaftszweigen aufgeteilt werden? Würden die Grenzwerte im Laufe der Zeit an das Wachstum der Schweizer Bevölkerung (zwischen 1 und 1,5% pro Jahr) angepasst werden? Niemand hat eine Antwort auf diese grundlegenden Fragen, wenn er seinen Stimmzettel in die Urne wirft.
Die Initiative liefert auch keine Antworten und Massnahmen zur Bekämpfung von Verschwendung oder zur Steigerung der Effizienz, was ehrenwerte Ziele wären. Vielmehr will sie eine brutale Reduzierung unseres Lebensstandards politisch durchsetzen und uns – „zu unserem Besten“ – zu einem minimalistischen Lebensstil zwingen. Einige Menschen mögen sich aus freien Stücken für einen solchen Lebensstil entscheiden, doch dieser spiegelt sicherlich nicht die Wünsche der Mehrheit wider, wenn man sich zum Beispiel vor Augen führt, wie schnell und intensiv die Bevölkerung nach den Einschränkungen durch Covid wieder begonnen hat, das Leben zu geniessen. Und heute, in einem erneut unsicheren Umfeld, in dem die Kaufkraft schwindet und bereits erhebliche Anstrengungen für Umweltziele unternommen werden (wir haben im Juni 2024 sehr hohen Standards für die Dekarbonisierung unserer Aktivitäten zugestimmt), hat die Mehrheit der Bevölkerung offensichtlich keine Lust, den Gürtel enger als nötig zu schnallen.
„In einem Umfeld, in dem die Kaufkraft schwindet und bereits erhebliche Anstrengungen für Umweltziele unternommen werden, hat die Bevölkerung keine Lust, den Gürtel enger als nötig zu schnallen.“
Initiative versus Realität
Die Initiative läuft gegen die Bestrebungen des Volkes, besser und freier zu leben. Die USA wollen mit allen Mitteln ihre Produktion und ihren Konsum ankurbeln. Und auch die Europäische Union, die üblicherweise nur selten liberale Entscheidungen zu Gunsten der Unternehmen trifft, hat erkannt, dass sie ihrer Wirtschaft wieder mehr Freiheit geben muss, wenn sie nicht in die zweite Reihe zurückgedrängt werden will. Überall auf der Welt setzt man auf Technik und Innovation, um Umweltprobleme in den Griff zu bekommen und den Verbrauch von Energie oder Rohstoffen zu reduzieren. Die Volksinitiative, über die wir abstimmen werden, lehnt diese Suche nach dem „Besseren“ ab und hält stattdessen an der Ideologie des „Weniger“ fest: weniger produzieren, sich weniger fortbewegen, weniger verbrauchen, weniger heizen, in kleineren Wohnungen leben.
Aus Rücksicht auf den Lebensstandard der Bevölkerung und das Wohlergehen der Schweizer Unternehmen ist am 9. Februar ein deutliches NEIN notwendig.
Weiterführende Informationen zum Beitrag “9. Februar: NEIN zur Zwängerei.“:
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK: Umweltverantwortungsinitiative
09.01.2025, Medienmitteilung: Bundesrat und Parlament empfehlen ein Nein zur Umweltverantwortungsinitiative
12.12.2024, Pierre-Gabriel Bieri, Grüne Volksinitiative: Schrumpfungsexperiment statt Verantwortung