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Biodiversität: NEIN zu einer extremen Initiative

Biodiversität: NEIN zu einer extremen Initiative. Im Bild ist eine landwirtschaftliche Nutzfläche mit einer angegliederten Biodiversitätsfläche zu sehen.

Biodiversität: NEIN zu einer extremen Initiative. Am 22. September werden Volk und Stände über eine neue grüne Volksinitiative abstimmen. Die Initiative mit dem Titel “Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)” geht zu weit, verfehlt ihr Ziel und ist abzulehnen.

Ein harter Schlag für die Landwirtschaft

Wie mehrere andere in letzter Zeit, zielt der Text darauf ab, die Biodiversität auf Schweizer Boden noch besser zu schützen, insbesondere durch die Ausscheidung von mehr Flächen und die Bereitstellung von mehr öffentlichen Geldern. Auf den ersten Blick mag dieses Ziel in Zeiten des Klimawandels und des Aussterbens bestimmter Pflanzen- und Tierarten lobenswert erscheinen. Die Massnahmen, welche die Initiative vorsieht, sind jedoch unverhältnismässig und kontraproduktiv. Sollte sie angenommen werden, würden die für den Schutz der Biodiversität reservierten Gebiete drastisch ausgeweitet, was zu Lasten der landwirtschaftlichen Aktivität ginge. Derzeit dienen bereits 19% der landwirtschaftlichen Flächen explizit der Förderung der Biodiversität. Das entspricht 195’000 Hektar oder den Kantonen Genf und Freiburg zusammen. Nun aber müssen landwirtschaftliche Betriebe, welche Direktzahlungen erhalten wollen, nur mindestens 7% ihrer landwirtschaftlichen Nutzfläche für die Förderung der Biodiversität einsetzen. Auf freiwilliger Basis tun die Landwirte heute bereits mehr, als von ihnen verlangt wird.

Mehr fruchtbares Ackerland der Biodiversität zuzuschlagen, würde den Wettbewerb verschärfen und die heimische Nahrungsmittelproduktion weiter senken. Es sind nicht kleine Flächen, die praktisch unantastbar würden, da die Initiative dazu führte, bis zu 30% des Landes unter Schutz zu stellen, nach den Berechnungen und Mitteilungen der Initianten 1,2 Millionen Hektar. Im Falle einer Annahme müssten zusätzliche Agrarflächen im Ausland bewirtschaftet werden, um die Versorgung unserer Bevölkerung sicherzustellen. Das wäre ein Unding, wo doch immer mehr von Versorgungssicherheit und Ernährungssicherheit die Rede ist. Um die Einkommensverluste der Betriebe auszugleichen, müssten die öffentlichen Ausgaben für die Landwirtschaft erhöht werden: die Landwirte würden mehr erhalten, um weniger zu produzieren…

Die Schweiz tut bereits viel

Die Initiative ignoriert die zahlreichen Massnahmen, die bereits zum Schutz von Flora und Fauna ergriffen wurden. Verschiedene gesetzliche Grundlagen zur Förderung der Biodiversität sind in Kraft. Der Bund hat zum Beispiel eine “Strategie Biodiversität Schweiz” sowie einen Aktionsplan erarbeitet. Eine weitere Ergänzung der Verfassung ist nicht nötig, wo doch die Schweiz eines der Länder mit der weltweit höchsten Dichte an Naturschutzgebieten ist und die Regeln für diese besonders streng umgesetzt werden.

Bund und Kantone sind bereits führend beim Schutz der biologischen Vielfalt. Mit einer weiteren Schicht von Verpflichtungen würde man nur eine Art teuren und wenig effizienten Swiss Finish schaffen, da die Gewinne in Bezug auf die Biodiversität marginal sein werden. 

Behinderung der nachhaltigen einheimischen Energieproduktion

Zumindest dem Geist nach steht die Initiative im Widerspruch zum kürzlich von der Bevölkerung mit grosser Mehrheit befürworteten Energiegesetz. Zur Erinnerung: Das neue Gesetz ist eines der wichtigsten Instrumente, um die CO2-Neutralität bis 2050 zu erreichen. Mithilfe des Gesetzes wird die Schweiz ihre Stromproduktion durch einen deutlichen Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Wind-, Solar- und Wasserkraft, steigern. Weil das Schweizer Territorium jedoch sehr klein und sein Ausbau streng geregelt ist, wird es nahezu unmöglich sein, der Biodiversität noch mehr Land zu widmen und grosse, streng geschützte Gebiete auszuweisen, während gleichzeitig neue Projekte umgesetzt oder bestehende Projekte erweitert werden. Die Initiative wird die Umsetzung der Energiestrategie und der Energiewende in der Schweiz noch weiter erschweren. Die Versorgungssicherheit und der Selbstversorgungsgrad mit Energie werden darunter leiden, was sich wiederum auf die Strompreise auswirken wird.

Wenn man noch an die negativen Auswirkungen auf die Forstwirtschaft, die Holzindustrie, die Grundbesitzer, die KMU oder den Tourismus und die Freizeitgestaltung denkt, gehört die Initiative am 22. September ohne zu zögern abgelehnt.

Weiterführende Informationen zum Beitrag “Biodiversität: NEIN zu einer extremen Initiative“:

Eidg. Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF; Agroscope: Agrarlandschaft und Biodiversität

Bundesamt für Statistik BFS: Klima, Energie und Biodiversität



Olivier Rau,
Directeur du département politique

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