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- Bern - Daniel Hammer

Von der Illusion der Werbeverbote

Die Versuche, Werbeverbote aus moralischen Gründen auszuweiten, nehmen zu. Die Werbung für gesellschaftliche Probleme verantwortlich zu machen, ist ein sträflicher Irrtum, der die Bedeutung der kommerziellen Kommunikation für das reibungslose Funktionieren der Marktwirtschaft ignoriert und den freien Willen der Bürgerinnen und Bürger negiert.

Eine beunruhigende Entwicklung

Die Bedrohung der Werbefreiheit nimmt in unserem Land in alarmierendem Ausmass zu. Unter dem Deckmantel des Gesundheitsschutzes versuchte der Staat zunächst, die Tabakwerbung einzuschränken. Seit einiger Zeit ist die kommerzielle Kommunikation auch in anderen Sektoren Gegenstand mehrerer parlamentarischer Vorstösse. Die Beweggründe dahinter haben sich dabei vom gesetzlich geschützten Gut der öffentlichen Gesundheit zunehmend auf „moralische“ Überlegungen mit oft vagen und im Auge der Betrachtenden beliebigen Konturen verschoben.

Die Fleischindustrie steht im Fadenkreuz der Linken. So hat Nationalrätin Meret Schneider (Grüne/ZH) in einer Ankündigung ein komplettes Werbeverbot für Importfleisch gefordert. Und mit Verweis auf den Klimaschutz propagiert Nationalrätin Valentine Python (Grüne/VD) eine auf einer Lebenszyklusanalyse der beworbenen Güter basierende Regulierung von Werbung. Mit dem Ziel, das Konsumverhalten der Bevölkerung zu beeinflussen, schlägt ihre parlamentarische Initiative „im öffentlichen sowie im privaten Raum, sofern dieser öffentlich einsehbar ist, ein Werbeverbot für Produkte und Dienstleistungen vor, die einen hohen CO2-Ausstoss verursachen“. Zur Begründung heisst es: „Indem wir eine uneingeschränkte Bewerbung dieser Produkte oder Aktivitäten erlauben, wird an die Bevölkerung eine falsche Nachricht ausgesandt.

Obwohl der Klimawandel inzwischen von der Öffentlichkeit weitgehend als Faktum akzeptiert wird und sich das Konsumverhalten entsprechend ändert, scheinen die sogenannten progressiven Kräfte die Bürgerinnen und Bürger als Personen zu betrachten, die unfähig zur Einsicht und wehrlos gegenüber der Werbung sind und daher schnellstens unter staatliche Fittiche gehören. Dies ist das erste äusserst beunruhigende Element dieser Vorschläge.

Die Werbung als Sündenbock

Politische Vorstösse zur Einschränkung und Lenkung der Werbung werden zunehmend mit moralischen Argumentationen zu legitimieren versucht. Da es politisch unrealistisch erscheint, dass sich das in Tabak, Alkohol und Fleisch manifestierende „Böse“ vom Antlitz der Erde verbannen lässt, soll zumindest dessen öffentliche Darstellung verboten werden. Dabei handelt es sich um einen Versuch, den Schein zu wahren, um das eigene Gewissen mit einer mehr als trickreichen Alibiübung zu beruhigen. Andreas Kley1 stellte dazu bereits 2007 sehr richtig fest: „Die Politik flieht immer mehr aus den Sachthemen heraus, weil man hier nur schwer einen Konsens […] verbuchen kann […].Politische Auseinandersetzungen drehen sich gerade deshalb immer mehr um Symbole […]. Politisch gesehen ist der Schein viel wichtiger geworden als das Sein.“

Bedauerlicherweise ist es üblich geworden, die kommerzielle Kommunikation zum Sündenbock für gesellschaftliche Probleme zu machen. Damit wendet sich die Politik jedoch von der ihr innewohnenden hehren Mission ab und schlüpft in ein illusionistisches Gewand. Derartigen Illusionen wohnt aber immer auch ein beträchtliches Mass an Täuschungsmanövern und faulem Zauber inne.

Werbeverbote sind gefährlich

Der gesetzgeberische Aktivismus gegen kommerzielle Kommunikation ist auch insofern höchst problematisch, als dass die oft unverhältnismässigen Werbeverbote die wirtschaftliche Freiheit einer wachsenden Zahl von Branchen in unannehmbarer Weise einschränken. Nicht nur hindern sie die betroffenen Unternehmen daran, ihre Produkte und Dienstleistungen in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, sondern untersagen es den Konsumentinnen und Konsumenten, in einem immer komplexeren Umfeld eine eigene Auswahl zu treffen. Ausserdem bringen sie die Medien um Einnahmen, die diese benötigen, um ihren Informationsauftrag zu erfüllen, was für das reibungslose Funktionieren unserer Demokratie unerlässlich ist.

Darüber hinaus verursachen Werbeverbote erhebliche Kosten für die Öffentlichkeit, da der korrekte Vollzug jeder neuen Massnahme durch einen immer umfassenderen Verwaltungsapparat sichergestellt werden muss.

Bürgerinnen und Bürger als Individuen zu betrachten, welche angeblich nicht in der Lage sein sollen, auch angesichts von Werbung kraft ihres freien Willens zu entscheiden, kommt nicht nur einer Beleidigung gleich – umso mehr, als dass die gleichen Bürgerinnen und Bürger zentrale Akteure in unserer direkten Demokratie sind. Es ist auch Ausdruck eines gefährlichen Bestrebens, die liberalen Werte anzugreifen, welche unser Verständnis von Grundrechten charakterisieren. Dies ist eine verhängnisvolle Stossrichtung, der sich das Parlament auf keinen Fall anschliessen darf.

1 Andreas Kley: Meinungsfreiheit und Werbeverbote, in: M. A. Niggli, J. Hurtado Pozo, N. Queloz (Ed.), Festschrift für Franz Riklin, Zürich 2007.



Daniel Hammer,
Responsable d'association / Secrétaire patronal

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