- Bern - Olivier Savoy
Schweizer Wein: ein Schweizer Kulturgut
Zwanzig Jahre nach der Marktliberalisierung haben die Schweizer Weine ein hohes Qualitätsniveau und eine bemerkenswerte Vielfalt erreicht. Mit der Motion „Förderung von Schweizer Wein stärken“ hat es der Nationalrat nun in der Hand, dem Schweizer Wein auch zur Anerkennung zu verhelfen, die er als Schweizer Kulturgut verdient.
Schweizer Weinmarkt
Das Weingeschäft in der Schweiz befindet sich in einem liberalen Markt, es ist keine Planwirtschaft. Im Jahre 2001 wurden die Fesseln der alten Importausweise für Zollkontingente abgelegt und das heute geltende System des Weineinfuhrzollkontingents trat in Kraft. Damit wurden bessere Rahmenbedingungen geschaffen sowohl für die Schweizer Weinproduktion und die Weinhändler als auch für die Konsumentinnen und Konsumenten, welche seither vor einer allgemein grösseren Angebotsvielfalt zu konkurrenzfähigeren Preisen stehen.
Für den Schweizer Wein bedeutete diese Marktöffnung den Eintritt in eine neue Identitäts-, Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie. Der grösste Teil der Schweizer Weinproduzenten hat einen hohen Ausbildungsstandard, handelt unternehmerisch, eigenverantwortlich und kann dank guter Qualität und entsprechenden Marketingmassnahmen die Weine zu ansprechenden Preisen auf dem Schweizer Weinmarkt absetzen.
Diese Vermarktungserfolge lassen sich auch mit Zahlen unterstreichen: Seit 2017 gewannen Schweizer Weine Marktanteile und liegen bei rund 35% des Gesamtmarktes (Stand 2021). Die Weinimporte ihrerseits haben seit ihrer Einführung im Jahr 2001 das Volumen des Zollkontingents von 170 Millionen Liter pro Jahr nie überschritten. Der Weinmarkt in der Schweiz pendelt also nicht weit weg vom Verhältnis von rund 60% ausländischen Weinen und rund 40% Schweizer Weinen. Dieser Anteil steht auch im Verhältnis zum Ernteertrag der Schweizer Rebflächen von ca. 15’000 ha.
Herausforderungen
Wenn auch ein grosser Teil, ja wohl die Mehrheit der Schweizer Weinproduzenten, seit 20 Jahren sich massgeblich weiterentwickelt hat, so steht der Schweizer Wein vor der besonderen Schwierigkeit der Steuerung des Angebots: Klimatische Einflüsse führen von Jahr zu Jahr immer wieder zu grösseren Ernteschwankungen, was die Sicherstellung eines gleichbleibenden Marktangebots erschwert.
Sodann üben die importierten Weine nicht nur über die Menge und den Preis einen hohen Konkurrenzdruck aus, sondern auch durch ihre Vielfalt und Innovation. Dazu kommen stattliche Absatzfördermittel der Herkunftsländer: Die ersten Konkurrenten, die weinproduzierenden Regionen in Italien, haben in der Schweiz einen Marktanteil von 26% und erhalten staatliche Subventionen für Drittmärkte in Höhe von EUR 102 Millionen, wovon rund EUR 18 Millionen allein für den Schweizer Weinmarkt eingesetzt werden. Und auch die französischen, spanischen und andere Weine werden mit Millionen aus ihren Herkunftsländern in ihrem Absatz gefördert.
Diese Absatzfördermittel sind kein Zufall, sondern die notwendigen Beträge zur Finanzierung von glaubwürdigen und zielgerichteten Absatzförderungsmassnahmen, welche die Weine konkurrenzfähig zu positionieren helfen und sich auf das Kaufverhalten auswirken.
Marktpositionierung und Absatzförderung steigern
Die Vermarktungserfolge der Schweizer Weine in den vergangenen Jahren lassen sich zeigen. Doch sind die strategischen Ziele – 40% Marktanteil in der Schweiz, Steigerung der Exporte auf rund 3% der Inlandproduktion – weder erreicht noch langfristig gesichert. Dazu sind verstärkte und breitere Vermarktungsaktivitäten notwendig, die einer angepassten, berechenbaren und langfristigen Finanzierung bedürfen.
Die stärkere Positionierung der Schweizer Weine, deren Qualität unbestritten ist, geht einher mit einer Verschärfung der Identität, Vielfalt und Nachhaltigkeit der angebotenen Weine und die Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten. Dazu müssen die Produzenten in den jeweiligen Sprachregionen auch nachvollziehen, dass die jeweils andere Sprachregion wie ein Exportmarkt bearbeitet werden muss, da die Konsumgewohnheiten und -bedürfnisse von einem Landesteil zum anderen unterschiedlich sind.
Swiss Wine Promotion, die Absatzförderungs-organisation der Schweizer Weine, hat für die nächsten Jahre klare Ziele formuliert, um den Schweizer Wein auf den gewünschten Marktanteil von 40% zu heben. Die natürlichen Partner dabei sind nebst den Produzenten die Weinhändler, der Einzelhandel, die Gastronomie, die Kantone und der Bund.
Die Schweizer Weinbranche, von den Produzenten bis zum Handel, finanziert bereits mit namhaften Beträgen ihre Vermarktungsaktivitäten. Die bisher vom Bund bereitgestellten Mittel zur Absatzförderung muten jedoch bescheiden an im Vergleich mit seinem Einsatz für andere landwirtschaftlichen Produkte. Mit der Motion „Förderung von Schweizer Wein stärken“ hat es das Parlament nun aber in der Hand, mit CHF 9 Millionen jährlich ein glaubwürdiges Zeichen zu setzen, um dem Schweizer Wein die Anerkennung zu verschaffen, die er als Schweizer Kulturgut verdient. Dies unterstützt nicht nur die Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Weine gegenüber den importierten Weinen. Dies hilft auch einem ganzen Wirtschaftssektor, Unternehmen und Arbeitsplätze für die Zukunft zu sichern.
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