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- Bern - Markus Hugentobler

Nationalbankgewinne: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste

Bild zeigt die Schweizerische Nationalbank am Bundesplatz in Bern. Nationalbankgewinne: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste

Ein Rekordverlust der Schweizerischen Nationalbank verunmöglicht eine Geldausschüttung für das Geschäftsjahr 2022. Es gibt weder eine Dividende für die Aktionärinnen und Aktionäre noch eine Ausschüttung an Bund und Kantone. Weil unvorsichtig bereits budgetiert, trifft das die öffentliche Hand in erheblichem Ausmass. Als Alternativszenario hätte sich rechtzeitiges Sparen, Verzicht auf Staatswachstum und generell ein Hinterfragen von Staatsleistungen angeboten.

Kein neuerlicher Geldsegen seitens SNB

Am 9. Januar 2023 informierte die Schweizerische Nationalbank (SNB) nach provisorischer Berechnung über ihren Rekordverlust von 132 Milliarden Franken. Dieser verunmöglicht eine Geldausschüttung für das Geschäftsjahr 2022. Es gibt also keine Dividende für die Aktionärinnen und Aktionäre und keine Ausschüttung an Bund und Kantone. Verantwortlich für die roten Zahlen sind laut der SNB einerseits Zinserhöhungen und andererseits der stärkere Franken.

Allein ihre Fremdwährungsbestände verursachten der SNB einen Verlust von rund 131 Milliarden Franken. Dieses Ergebnis ist abhängig von Wertschwankungen der hunderte Milliarden Franken schweren Devisenreserven, wie Aktien und Anleihen aus dem Ausland. Die SNB hatte jahrelang Fremdwährungen gekauft, um eine wirtschaftsschädliche Aufwertung des in Krisenzeiten als sicherer Hafen gefragten Frankens zu verhindern.

In einer ersten Reaktion schreibt die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren, Ausschüttungen könnten nicht als selbstverständlich angesehen werden. Trotzdem sei der Ausfall der Gelder „unerfreulich“. Es liege nun in der Verantwortung jedes einzelnen Kantons, mit der Situation umzugehen.

Man hätte sparen können und sollen

Diejenigen Kantone, welche das Geld von der SNB bereits fest in ihren Budgets vorgesehen hatten, müssen nun neu rechnen. Nicht nur, dass das Fell nicht verkauft werden kann, bevor der Bär erlegt ist – seit Covid, Ukrainekrieg, Kurseinbussen an den Finanzmärkten, Energiemangellage mit daraus folgendem Investitionsschub und erheblichen Inflationstendenzen im Ausland sollte die Botschaft, es einmal mit Sparen, Verzicht auf Staatswachstum und generell einem Hinterfragen von Staatsleistungen zu versuchen, auch in der Politik angekommen sein.

Doch zum Sparen, wie dies jedes vernünftige Unternehmen bei aufkommenden wirtschaftlichen Gewitterwolken täte, fehlt nur schon aufgrund der hohen Staatsquote in Form staatlicher und staatsnaher Unternehmen der politische Wille. Rot-Grün verteilt bekanntermassen gerne fremdes Geld, was als wesentlicher Treiber der Staatsquote angesehen werden kann, welche zu Ende gedacht Wegbereiterin des für diese Kreise gewünschten Sozialismus ist. Unweigerlich kommt einem der von Margaret Thatcher im Jahr 1976, als sie Oppositionsführerin im britischen Unterhaus war, geprägte Satz in den Sinn, dass sozialistischen Regierungen immer das Geld anderer Leute ausgehe.

Es verwundert daher nicht, dass bereits drei Tage nach der Kunde vom Versiegen des Manna-vom-Himmel-Geldes der Nationalbank der dem politisch linken Spektrum nahestehende „Tages-AnzeigerFinanzexperten zitierte, für welche der Entscheid der SNB nicht nachvollziehbar ist und diese ohne weiters Geld ausschütten könnte, wenn sie denn wollte. Gemäss deren Projekt „SNB-Observatorium“, welches zum Ziel hat, die Politik der Nationalbank mit kritischen Beiträgen zu hinterfragen, beträgt das Eigenkapital der SNB selbst nach dem Riesenverlust vom 132 Milliarden Franken noch rund 66 Milliarden Franken, weshalb selbst die Ausschüttung des Maximalbetrags von 6 Milliarden Franken „keinen wesentlichen Unterschied machen“ würde.

Wichtige Unabhängigkeit der SNB

Gerade solche Begehrlichkeiten führen vor Augen, wie wichtig die Unabhängigkeit der SNB ist. Die Bundesverfassung bestimmt, dass die Nationalbank als unabhängige Zentralbank eine Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes zu führen hat (Art. 99 Abs. 2 BV). Würde die SNB zum Spielball der Politik, bestünde die konkrete Gefahr, dass sie zu deren Selbstbedienungsladen verkäme. Denn die Fantasie der Damen und Herren Bundesparlamentarier i.S. Verwendung der als ewig sprudelnd angenommenen Nationalbankgewinne trieb bereits wundersame Blüten: für Renten, für grosse und kleinere Bauvorhaben, für Covid-Folgen, für Start-ups.

Beim Minus handelt sich um Buchverluste, die hauptsächlich auf Obligationen- und Aktien-Investments in Fremdwährungen zustande kamen. Steigen die Kurse wieder, wird auch der Wert des SNB-Portfolios zulegen. Wann und in welcher Höhe die Ausschüttungen an die öffentliche Hand erfolgen, hängt von der globalen wirtschaftlichen Entwicklung ab. Die SNB nimmt diese Schwankungen bewusst in Kauf. Deshalb gilt für das Budgetieren der öffentlichen Hand: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Schreibt die Nationalbank Gewinne, nimmt man die Zusatzeinnahmen gerne, nur fix rechnen sollte man damit nicht.

Die Aufgabe der SNB ist es nicht, Gewinne zu erzielen, sondern für eine stabile Preisentwicklung im Interesse der Gesamtwirtschaft zu sorgen. Das „SNB-Observatorium“ unterschätzt die Risiken von ausserordentlichen Verlusten und die Notwendigkeit eines angemessenen Kapitalpuffers offenbar.

Weiterführende Informationen zum Beitrag “Nationalbankgewinne: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste”

Schweizerische Nationalbank: Gewinn und Gewinnverteilung

Eidgenössische Finanzverwaltung EFV: Gewinnausschüttung SNB

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Markus Hugentobler,
Verbandsmanager Rechtsberatung / Referent

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