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- Bern - Pierre-Gabriel Bieri

Härtefallmassnahmen: der Bund unterstützt die kantonalen Programme

Härtefallmassnahmen

In Ergänzung zur Kurzarbeitsentschädigung, zur Corona-Erwerbsausfallsentschädigung und zum Covid-19-Kreditprogramm des Bundes rechtfertigt das Ausmass der Krise mit nicht rückzahlbaren Härtefallhilfen auch neue Ansätze der Unterstützung. Die neue Regelung überlässt die konkrete Ausgestaltung den Kantonen, wobei der Bund die Hälfte der Finanzierung übernimmt. Der dafür insgesamt notwendige Betrag ist aktuell nur schwer abzuschätzen.

Breitgefächerte Unterstützungsmassnahmen der öffentlichen Hand

Die zweite epidemiologische Welle, die wir derzeit durchlaufen, beinhaltet die Erweiterung, Erneuerung oder Neuerfindung verschiedener Unterstützungsmassnahmen der öffentlichen Hand für die Wirtschaft. Pro memoria: Die Hilfe basiert im Wesentlichen auf drei Säulen. Mit dem ersten Instrument, der Kurzarbeitsentschädigung, gleicht die öffentliche Hand vorübergehende Beschäftigungseinbrüche aus und erhält so Arbeitsplätze, indem sie einen Grossteil der Gehälter der Arbeitnehmenden finanziert. Die Corona-Erwerbsausfallsentschädigung als zweite Säule basiert auf den bewährten Strukturen der Erwerbsersatzordnung (EO) und ist für Personen vorgesehen, welche keinen Zugang zu Kurzarbeitsentschädigung haben, insbesondere Selbständigeerwerbende mit krisenbedingten, hohen Einkommenseinbussen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese ersten beiden Säulen während der gesamten Krise aufrechterhalten werden und insbesondere die Massnahmen im Bereich der Kurzarbeitsentschädigung bis mindestens Ende des kommenden Jahres in Kraft bleiben.

Die dritte Säule des Hilfspaketes richtet sich direkt an Unternehmen, welche nebst den Gehältern weitere hohe Fixkosten zu stemmen haben, welche unabhängig des erzielten Umsatzes anfallen.

Während der ersten Welle der Coronakrise gebärdete sich die öffentliche Hand bei direkten, nicht rückzahlbaren Hilfen noch zurückhaltender und setzte primär auf ein Regime aus garantierten und rückzahlbaren Darlehen. Diese Überbrückungskredite ermöglichten es vielen Unternehmen, sich auf äusserst einfache und schnelle Weise die benötigte Liquidität zu beschaffen. Die Beantragung eines solchen Kredits war nur bis zum 31. Juli dieses Jahres  möglich, aber die Stimmen mehren sich, die eine Reaktivierung des Kreditprogrammes fordern – was sicherlich eine gute Sache wäre.

Eine nicht rückzahlbare Unterstützung für Härtefälle

Es gilt zu bedenken, dass viele Unternehmen, die über solide finanzielle Reserven verfügten, bereits im Frühling dieses Jahres in erheblichem Ausmass auf diese Reserven zurückgreifen mussten und keine Zeit verblieb, diese in nur sechs Monaten wieder ausreichend zu äufnen. Daher erscheint es zum gegenwärtigen Zeitpunkt legitim, nun vermehrt nicht rückzahlbare Hilfen in Betracht zu ziehen. Dies in erster Linie für Unternehmen, die aufgrund der Art ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit sehr stark von der Krise betroffen sind.

Um diese Form der Hilfe für Härtefälle auszugestalten, ist ein gemeinsamer Mechanismus zwischen Bund und Kantonen vorgesehen. Dieser stützt sich auf das Covid-19-Gesetz des Bundes, welches Ende September in Kraft getreten ist und dessen Artikel 12 vorsieht, dass sich der Bund auf Antrag eines oder mehrerer Kantone an der Hälfte der Hilfsmassnahmen, welche diese gewähren, beteiligt. Ein Härtefall liegt gemäss Artikel 12 dann vor, wenn der Jahresumsatz eines Unternehmens weniger als 60% des Durchschnitts der letzten zwei Jahre beträgt, wobei auch die Vermögenslage und das verfügbare Kapital sowie die Profitabilität und Überlebensfähigkeit des Unternehmens vor Beginn der Krise zu berücksichtigen sind.

Nach der Verabschiedung des Covid-19-Gesetzes war die entsprechende Ausführungsverordnung vom 4.-13. November Gegenstand einer Express- Vernehmlassung.

Die Kantone als Impulsgeber

Wir stellen mit Genugtuung fest, dass der so auf Bundesebene geschaffene gesetzliche Rahmen den Kantonen einen grossen Handlungsspielraum lässt und die Kantone weiterhin für die Auswahl der Branchen und Unternehmen zuständig sind, welche am meisten Unterstützung benötigen. Das Covid-19-Gesetz nennt explizit die Unternehmen der Eventbranche, Reisebranche und touristische Betriebe als Beispiele für besonders stark Corona-geschädigte Branchen. Es obliegt den Kantonen, unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen wirtschaftlichen Erwägungen auch Anspruchsberechtigte aus weiteren Branchen zu definieren. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die von Kanton zu Kanton unterschiedlichen Schliessungsentscheide (Kakophonie für die einen, willkommene Freiheit für die anderen…) jeweils auf einer kantonsspezifischen Logik beruhen und die Kantone in der Konsequenz diejenigen Unternehmen angemessen entschädigen müssen, deren wirtschaftliche Tätigkeit sie eingeschränkt oder unterbunden haben.

Das wichtigste Element, bei welchem es noch Diskussionsbedarf gibt, betrifft den Betrag, der zu gleichen Teilen von Bund und Kantonen zur Verfügung gestellt wird. Die Zahl von 200 Millionen Franken, welche in der Verordnung genannt wird, wurde vor Ausbruch der zweiten Welle festgelegt. Angesichts der neusten Entwicklungen bestehen heute keine Zweifel, dass die Hilfe für Härtefälle einen weitaus höheren Betrag erfordern wird. Grosszügige Massnahmen sind angebracht und gerechtfertigt, weil diese Form der Hilfe – zusammen mit der Kurzarbeits- und der Corona-Erwerbsausfallsentschädigung – einen nützlichen Beitrag dazu leisten wird, so viele Unternehmen wie möglich zu schützen und ihnen nach der Krise einen Neustart unter stabilen Bedingungen zu ermöglichen. Dies dürfte sich für die öffentliche Hand letztlich als die weniger kostspielige Variante erweisen.

Weiterführende Informationen zum Thema auch im aktuellen Ratgeber: Härtefallmassnahmen
Erwerbsausfall-Entschädigung



Pierre-Gabriel Bieri,
Responsable politique institutions et sécurité

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