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- Bern - Thomas Schaumberg

Geschäftsmieten: Der Bund sollte nicht eingreifen

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Zahlreiche Corona-geschädigte Betriebe haben grösste Schwierigkeiten ihre Mietkosten zu bezahlen. Im Parlament wurden mehrere Vorschläge zum Teilerlass von Geschäftsmieten diskutiert. Aktuell konnten sich beide thematischen Kommissionen der eidgenössischen Räte auf einen Vorschlag einigen. Anstelle dieser ungeeigneten Vorschläge auf Bundesebene sind Massnahmen in den Kantonen zu bevorzugen, die auf einem Anreizmodell basieren.

Umstrittener Teilerlass von Geschäftsmieten

Sowohl der Nationalrat als auch der Ständerat behandelten während der letzten Sondersession im Mai verschiedene Vorschläge für einen staatlich festgelegten Teilerlass von Geschäftsmieten. Der Nationalrat hat die Motion 20.3142 angenommen, die für die Zeit der Betriebsschliessung einen Mieterlass von 70 Prozent vorgesehen hat. Der Ständerat hat diese Motion anschliessend in abgeänderter Version gutgeheissen. Demnach sollen Geschäftsmieter aller Branchen, deren Bruttomiete 8‘000 Franken pro Monat nicht übersteigt, während zwei Monaten eine Mietzinsreduktion von je 5‘000 Franken erhalten, falls sie den Betrieb schliessen oder reduzieren mussten. Die Nebenkosten bleiben dabei geschuldet. Gleichzeitig soll der Bundesrat prüfen, ob ein Härtefallfonds für Vermieter in Höhe von 20 Millionen Franken geschaffen werden kann. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates hat am 12. Mai 2020 beschlossen, dem Nationalrat die Ablehnung der Motion in der vom Ständerat abgeänderten Fassung vorzuschlagen.

Die Kommission beschloss mit 13 zu 10 Stimmen eine neue Kommissionsmotion (20.3451), welche auch von der Schwesterkommission des Ständerates angenommen wurde. Die Motion will folgendes: Aufgrund von Corona-Massnahmen geschlossene Betriebe mit monatlichen Mietkosten bis 15‘000 Franken sollen ihrem Vermieter für die Dauer der behördlichen Schliessung (in der Regel zwei Monate) nur 40 Prozent der Miete zahlen, die restlichen 60 Prozent hat der Vermieter zu tragen. Dies gilt auch für Betriebe, die ihre Aktivitäten reduzieren mussten. Bei einem Mietzins zwischen 15’000 und 20’000 Franken müssen beide Parteien dieser Lösung zustimmen. Ausserdem soll der Bundesrat für Vermieter einen Härtefallfonds vorsehen. Eine Minderheit lehnt die Motion ab, weil sie die vorgesehene Lösung als Eingriff in privatrechtliche Verträge betrachtet und damit die durch die Bundesverfassung garantierte Eigentumsgarantie verletzt werde. Sie fürchtet zudem Rechtsunsicherheit und Abgrenzungsprobleme, wenn auch bereits eine Reduktion des Betriebs zu einem Anspruch auf eine Mietzinsreduktion führen soll.

Gute Beispiele für individuelle Lösungen

Während das Parlament über die Details einer staatlichen Lösung diskutiert, haben sich bereits zahlreiche Vermieter mit ihren Mietern auf individuelle Lösungen geeinigt. Dies entspricht auch der Haltung des Bundesrates, der sich gegen staatliche Eingriffe in die privatrechtlichen Mietverhältnisse ausgesprochen hatte. Noch gibt es keine schweizweite Erhebung über Art und Umfang der Absprachen, dafür ist es noch zu früh. Dennoch gibt es interessante Beispiele und erste Auswertungen von Umfragen. So hat die Migros als grosser Vermieter von Geschäftsliegenschaften (v.a. Einkaufszentren) entschieden, bei allen von den Zwangsschliessungen betroffenen Mietern (immerhin rund 2‘000 Geschäfte) auf 50 Prozent der Mietkosten, inkl. der allgemeinen Nebenkosten, zu verzichten. In gewissen Härtefällen werden auch weitergehende Lösungen geprüft.

USPI Suisse, der Schweizerische Verband der Immobilienfachleute, hat vor kurzem in der Westschweiz eine Umfrage durchgeführt. Im Kanton Waadt verzichteten die Vermieter bislang auf Mietzinse im Umfang von 2,7 Millionen Franken, im Kanton Genf sind es 2 Millionen Franken. Es ist zu erwarten, dass diese Beträge weiter steigen werden. Es ist unbestritten, dass zahlreiche kleine Unternehmen und Selbstständige auf ein Entgegenkommen des Vermieters angewiesen sind, um diese schwierige Zeit finanziell zu überstehen. Auch die Vermieter haben ein grosses Interesse daran, dass ihre Mieter nicht in die Insolvenz gehen. Denn die Wiedervermietung von Geschäftsräumen dürfte noch einige Zeit sehr schwierig bleiben und ein dauerhafter Leerstand käme somit wesentlich teurer als ein zeitlich begrenzter Mieterlass. Die finanziellen Verhältnisse von Vermietern und Mietern sind jedoch sehr individuell. So gibt es auch Vermieter, die beispielsweise im Rahmen ihrer Altersvorsorge auf die Mieteinkünfte ihrer privaten Liegenschaft angewiesen sind. Und nicht jeder Mieter kommt nach zwei Monaten Stillstand der Geschäftstätigkeit in existenzielle Schwierigkeiten.

Kantonale Massnahmen und Anreizmodelle reichen aus

Einige Kantone haben bereits Massnahmen auf der Grundlage eines Anreizmodells ergriffen, das keine Mietzinsreduktionen vorschreibt, sondern diese fördert. Im Kanton Basel-Stadt bekommen Vermieter, die sich mit ihrer Mieterschaft für die Zeit der Notmassnahmen auf eine Mietzinsreduktion von mindestens zwei Dritteln der Netto-Miete geeinigt haben, einen Drittel des Mietzinses vom Kanton erstattet. Vermieter, Mieter und der Kanton würden somit je einen Drittel des ursprünglichen Mietzinses übernehmen. Einen ähnlichen Weg geht der Kanton Waadt. Dieser hat ein Unterstützungspaket verabschiedet, bei dem der Mieter und der Kanton jeweils 25 Prozent, der Vermieter 50 Prozent der Miete tragen. Diese Modelle haben den grossen Vorteil, dass die Vertragsparteien einen Anreiz bekommen, sich zu einigen. Dies ist besser als eine staatlich verordnete Pauschallösung, welche der Vielzahl der unterschiedlichen Fälle nicht gerecht werden kann.

Diejenigen Kantone, die in diesem Bereich einen Handlungsbedarf sehen, haben bereits vernünftige Anreizmodelle eingeführt. Das Parlament sollte daher auf Bundesebene unbedingt darauf verzichten, mit zusätzlichen staatlichen Zwangsmassnahmen in private Verträge einzugreifen. Diese Eingriffe wären auch nur sehr schwer mit den kantonalen Massnahmen zu vereinbaren. Es gibt zudem genug Bereiche, in denen der Bund bereits finanzielle Hilfe leisten muss, bei den Geschäftsmieten ist dies nicht wünschenswert.



Thomas Schaumberg,
Verbandsmanager

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