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- Bern - Pierre-Gabriel Bieri

Die Schweiz kann eine realistische Klimapolitik betreiben

Klimakonferenz

Nach Abschluss der Klimakonferenz COP26 wird der Bundesrat voraussichtlich neue Vorschläge für eine Schweizer Klimapolitik machen, die nicht auf neue Steuern setzt. Der private Sektor ist durchaus in der Lage, einige realistische Ideen zu formulieren.

Nach COP26 zurück zur eidgenössischen Politik

Die UN-Klimakonferenz in Glasgow, bekannt als „COP26“, endete erwartungsgemäss unspektakulär mit einem minimalistischen Abkommen, in dem die Staaten nur wenige Verpflichtungen eingingen und vor allem ihre strategischen und wirtschaftlichen Interessen wahrten. Im Übrigen ist es das übliche Los internationaler Konferenzen, sich mit Partikularinteressen auseinanderzusetzen, seien es die von Staaten oder von NGOs. Der sehr alarmistische Ton, der gegenüber den Medien und der Öffentlichkeit angeschlagen wird, ändert daran nichts.

Logischerweise bringt diese COP26 auch die Diskussionen über die Klimapolitik innerhalb der einzelnen Staaten wieder in Gang. In der Schweiz ist bekanntlich der Entwurf des neuen CO2-Gesetzes, welcher im Jahr 2020 ausgearbeitet wurde, am 13. Juni dieses Jahres vor dem Volk gescheitert.

Der Streit drehte sich um die Erhebung neuer und die Anhebung bestehender Steuern. Der Bundesrat kündigte an, die Konsequenzen aus diesem Misserfolg zu ziehen und bis Ende Jahr eine neue Vorlage zu präsentieren, die nicht mehr auf einer zusätzlichen Besteuerung von Bevölkerung und Unternehmen, sondern auf gezielteren finanziellen Anreizen beruht.

Nun kündigen die Sozialdemokratische Partei und die Grünen gestützt auf die Konferenz in Glasgow an, dass sie neue Volksinitiativen starten wollen – entweder Zwillingsinitiativen oder eine gemeinsame Initiative – um einen grünen Übergangsfonds zu schaffen, der insbesondere darauf abzielt, die Wirtschaft und die Industrie umzugestalten und die sozialen Auswirkungen dieser Umgestaltung abzuschwächen. Vorgesehen sind „massive öffentliche Investitionen“ von rund 7 Milliarden Franken pro Jahr (zwischen 0,5 und 1% des BIP), die nicht der Schuldenbremse unterlägen.

Investitionen in konkrete Modernisierungsmassnahmen

Grob umrissen bestehen die neuen Vorschläge der Linken darin zu sagen: Da wir keine neuen Steuern erheben können, müssen wir uns verschulden. Dies wird zweifellos dazu führen, dass man sich zu gegebener Zeit gegen eine Politik wehrt, die darauf abzielt, zur Erleichterung des eigenen Gewissens viel Geld auszugeben. Es muss jedoch anerkannt werden, dass diese Vorschläge bereits einen Fortschritt darstellen: Es geht nicht mehr darum, Steuern zu erheben um zu bestrafen und abzuschrecken, sondern um Investitionen in konkrete Anstrengungen zur Umgestaltung und Modernisierung.

Ein solches Ziel steht nicht im Widerspruch zu den Forderungen des Privatsektors, der jedoch mehr auf private Massnahmen als auf staatliche Ausgaben setzt. Und bevor wir letztere verzehnfachen, müssen wir zunächst versuchen, sie auf möglichst intelligente Weise zu lenken.

So könnte beispielsweise beschlossen werden, die gesamten Einnahmen aus der aktuellen CO2-Steuer für klimafreundliche Massnahmen (z.B. die Sanierung des Gebäudebestands) zu verwenden, ohne zusätzliche Schulden und ohne die oft unbemerkte teilweise Umverteilung. Es könnte auch sichergestellt werden, dass die den Entwicklungsländern gewährte Hilfe – etwa 3 Mrd. CHF pro Jahr – teilweise an CO2-Reduktionsziele geknüpft wird, wie dies bei internationalen Abkommen bereits der Fall ist, z.B. mit Peru, Ghana und Georgien.

Weitere Massnahmen, die öffentliche Mittel erfordern, sind die Förderung der Forschung zur CO2-Abscheidung und -Rückgewinnung sowie verschiedene Massnahmen zum Schutz von Menschen und Gütern vor den Auswirkungen des Klimawandels.

Anreize für Eigenverantwortung

Das Wichtigste ist, eine Klimapolitik zu entwickeln, die nicht auf Verbote, Nullwachstum und die Beschneidung menschlicher Aktivitäten setzt, sondern auf Innovation und technischen Fortschritt, wie die „1000+ Lösungen“, die von der Stiftung Solar Impulse gefördert werden (es gibt bereits mehr als 1300 davon).

Es ist auch wichtig, die Verantwortung des Einzelnen durch Anreize zu fördern. Dazu gehören zum Beispiel gezielte Steuererleichterungen für klimafreundliche Investitionen, der Emissionshandel und Zielvereinbarungen, die es allen Unternehmen ermöglichen, die CO2-Steuer zu vermeiden, wie es im inzwischen gescheiterten CO2-Gesetz zu Recht vorgesehen war.

Diese verschiedenen Handlungsoptionen ermöglichen es, eine vernünftige und wirksame Klimapolitik zu skizzieren. Sie erfordern keine riesigen Investitionen oder eine massive Verschuldung – was vorzuziehen ist, denn die Finanzen des Bundes werden einige Jahre brauchen, um sich von den Kosten der Covid-19-Krise zu erholen.

Weiterführende Informationen des EFD:

Langfristperspektiven der öffentlichen Finanzen

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Schweizer Klimapolitik am Beispiel der Luftfahrt



Pierre-Gabriel Bieri,
Responsable politique institutions et sécurité

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